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Vortrag: Markterfolg, Umweltschutz, Bevölkerungswünsche – was leistet die konventionelle Landwirtschaft, und was könnte sie leisten?

In der Vortragsreihe der Gemeinde Seehof “Gemeinde im Gespräch – Unsere Umwelt in Seehof und Hundorf” findet am 09. Oktober 2020 um 19.00 Uhr im Gemeindehaus der nächste Vortrag statt.

Diskussion in der Sackgasse?  – Nachdenken über Landwirtschaft und Zukunft

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Hier geht es zum Livestream

Selten zuvor in der Geschichte der ostdeutschen Landwirtschaft standen die Bauern in einer vergleichbaren Zwickmühle: Einerseits stellt die Bevölkerung berechtigt die Forderung an sie, bei der Produktion mehr als bisher soziale Standards einzuhalten, Nutztiere zu schützen und die Umwelt zu schonen, andererseits setzt  eben diese Bevölkerung den Bauern einen wirtschaftlichen Rahmen, der kaum mehr Luft zum Atmen lässt. Das ruft Unmut hervor – bei den Bauern und bei den Umweltaktivisten in der Gesellschaft. Wie könnte dieser Konflikt gelöst  werden? Was leistet die konventionelle Landwirtschaft heute schon, und was könnte sie leisten? – Diesen Fragen geht der langjährige Agrarjournalist und Unternehmensberater Dr. Thomas Tanneberger am Freitag, den 09. Oktober, in einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Gemeinde Seehof nach. Der besondere Wert der Runde: Bauern und Bürger schimpfen nicht aufeinander, sondern reden miteinander! Treffpunkt ist 19 Uhr im Gemeindesaal.

Aufgrund der aktuellen Lage sind die Plätze im Gemeindehaus limitiert. Die Veranstaltung wird zusätzlich aber Live übertragen.

Über den Stream können auch Fragen an den Referenten gestellt werden.

Referent:

Dr. agr. Thomas Tanneberger

  • 1990-95 Agrarstudium (Rostock, Berlin Novosibirsk), 2005 Promotion (HU Berlin)
  • seit 2010 Chefredakteur „BauernZeitung“ in Berlin
  • 01.01.2020 Regionalbüro Berlin-Brandenburg der IAK Agrar Consulting GmbH
  • verheiratet, vier Kinder

2 Antworten auf „Vortrag: Markterfolg, Umweltschutz, Bevölkerungswünsche – was leistet die konventionelle Landwirtschaft, und was könnte sie leisten?“

Guten Tag, sehr geehrter Herr Thiery,
mit Befremden habe ich Ihre obenstehenden Äußerungen zu meinem Vortrag zur Kenntnis genommen. Fast drei Monate, nachdem wir am 9. Oktober im Gemeindehaus eine gute Diskussion hatten, gießen Sie hier öffentlich einen Kübel Beschimpfungen aus. Da frage ich mich schon, was Ihre Absichten sind. Sie hätten Sie mir ja auch unschwer zeitnah und direkt schreiben können. Stattdessen fühlen Sie sich berufen, mich im späten Nachhinein laut tobend als „gewieften Lobbyisten“ zu enttarnen. Das enttarnt Sie als Nichtkenner der eigentlichen Agrardiskussion, die sich eben nicht nur in Kreisen selbsternannter Naturschützer abspielt. Hätten Sie wenigstens ein paar meiner Beiträge der letzten Jahre gelesen, wüssten Sie, dass ich mich wohl der Sachlichkeit und der Wissenschaft, auch einer zukunftsfähigen Landwirtschaft, nicht aber der Politik irgendwelcher Lobbygruppen verpflichtet fühle. Das hat mir beim Bauernverband übrigens so manche „Rückfrage“ so manchen Generalsekretariats eingetragen. Nun arbeite ich im Hauptberuf als Agrarberater. Politisch wieder völlig unabhängig, ziehe ich hier Unternehmen aus dem Dreck, die sich im Morast der Finanznot festgefahren haben. Da sehe ich manchmal Erfolg, aber auch viel Leid in den Bauerngesichtern. Und da kommen Sie und erzählen dem Internet, dass ich ein Ideologe wäre. Nein, mein Herr, bitte nicht von sich auf andere schließen!
Einfach, damit hier auf der Plattform nichts Falsches stehenbleibt, von mir folgende Richtigstellungen zu Ihren Ausführungen:
1. Es gibt real keine keine „konventionelle ackergiftspritzende Landwirtschaft“. Konventionell wirtschaftende Landwirte nutzen die Agrarchemie in sehr unterschiedlichem Maße. Pflanzenschutzmittel können unter bestimmten Umständen Gift für Tiere, Pflanzen und Menschen sein, sind aber keinesfalls pauschal „Ackergifte“. Dazu gibt es jede Menge quergeprüfter Wissenschaft.
2. Eine vorgefertigte Argumentationsstrategie gibt es in meinem Vortrag nicht. Es gab eine vom Veranstalter vorgegebene Thematik, die ich nach den Regeln des Themenbaumes abgearbeitet habe. Einzige wirklich vorhandene Absicht war die, eine Brücke zu bauen zwischen denen, die aktuell Landwirtschaft betreiben und jenen, die die Landwirtschaft pauschal kritisieren. Das scheint bei der Mehrzahl der Zuhörerinnen und Zuhörer auch erfolgreich gewesen zu sein.
3. Es ist nicht meine Art, in Diskussionspartnern „Gegner“ zu sehen, und es ist auch nicht meine Art, diese Diskussionspartner grundlos zu „Dummen“ zu degradieren. Allerdings erwarte ich, dass sich Menschen, die unsere Landwirtschaft einer harschen Kritik unterziehen, mit der Zeit auch über die Realitäten im Agrarbereich informieren. Ansonsten verliert die Diskussion ihren Sinn und wird zum sturen Schlagabtausch. Der führt bekanntlich nicht weiter.
4. Ich habe zu keiner Zeit behauptet, dass es ein Insektensterben nur „irgendwo“ gibt und in MV die Anzahl der Insektenarten steigt. Tatsache ist, dass bestimmte Studien beunruhigend sind, es jedoch noch wenig wissenschaftlich gesicherte Daten zum Insektenvorkommen gibt. Insofern besteht bei diesem Thema weder Grund zur Entwarnung noch zu Alarmismus. Eher zu unternehmerischer Vorsicht. Darauf hatte ich verwiesen.
5. Es ist von Ihnen, Herr Thiery, glatt gelogen, ich hätte „meinen Bauern zugerufen, dass sie genau so weiter machen sollen“, dass ich „alle gesicherten Fakten (Artensterben, Klimakatastrophe, Pandemie) ausblende“ und die Bauern „unverantwortlich in eine Sackgasse laufen lasse, statt ihnen Hilfen anzubieten, wie sie da wieder raus kommen.“
Eine böswillige Unterstellung ist das von Ihnen, sonst nichts! Gern sende ich Ihnen dazu ein paar meiner Beiträge.
6. Es ist IHRE Theorie, dass „Spritzmittel“ in einem kausalen Zusammenhang mit „Klimakatastrophe“ stünden. Eine naturwissenschaftliche Herleitung dafür ist mir nicht bekannt.
7. Dass es sinnvoll und möglich ist, komplett auf Ökolandbau umzustellen, wird von sehr fundierten Studien mittlerweile in Zweifel gezogen. Das beginnt damit, dass der Ökolandbau zwar hohe ökologische Werte realisiert, aber geringe ökonomische Leistungen erzielt. Er benötigt zum Beispiel in der Praxis mehr als die doppelte Fläche, um eine Einheit Getreide herzustellen. Diese Fläche ist real gar nicht da. Daher ist Ihre These, nur mit Biolandbau könne es die „Rettung der Lebensbedingungen für die gesamte Menschheit“ geben, kaum beweisbar. Im Gegenteil, eine kurz- oder mittelfristige Umstellung der weltweiten Landwirtschaft auf Ökolandbau würde Millionen Menschen in den Hunger treiben. Und nicht einmal im reichen Deutschland gibt es aktuell eine zahlungskräftigte Nachfrage für 50 oder 100% teure Bioprodukte im Markt. Welcher Bauer also soll sich mit einer voreiligen Umstellung in den Ruin wirtschaften?
Gerade der letzte Punkt kann Ihnen, sehr geehrter Herr Thiery, vielleicht verdeutlichen, dass die reale Agrarwelt ein wenig komplexer ist als der von Ihnen geforderte Zuruf „Bauern, schwenkt einfach mal auf Bio um!“. Den Blick der Zuhörerinnen und Zuhörer dafür zu weiten, war Anliegen meines Auftritts am 9. Oktober in Seehof. Ich habe Anlass zu der Annahme, dass das ganz überwiegend auch gelungen ist. Wenn Ihrerseits noch Fragen bestehen, kommen Sie gern direkt auf mich zu. Ich werde Ihnen gern die mir bekannten Studien und fachlichen Zusammenhänge benennen – ganz und gar ideologiefrei, versprochen! Für Diskussionen im Stile Ihrer bisherigen Meinungsäußerung allerdings stehe ich nicht zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Tanneberger
t.tanneberger@iakleipzig.de

Sehr geehrter Herr Dr. Tanneberger,

in Ihrem Vortrag führen Sie an vielen Beispielen aus, dass die konventionelle ackergiftspritzende Landwirtschaft genau so weiter machen muss, wie bisher. Nur, dass die Bauern mehr Geld bekommen müssten. Dafür nehmen Sie sich fast 2 Std. Zeit.

Ich greife unten einen Punkt Ihres Vortrags heraus und zeige daran Ihre Argumentationsstrategie auf. Mehr Beispiele sind nicht nötig, denn die Strategie ist immer die selbe:

1. Verständnis schaffen durch Aufnehmen der Argumente der Gegner (die Ökos)
(deren Argumente werden aber später als nicht fundiert und ideologisch abgetan)
2. Die “Besserwisser” überblicken auch nicht den Gesamtzusammenhang
(damit wird der Gegner zum unwissenden Dummen degradiert)
3. Wir, die konventionelle Landwirtschaft haben aber den Überblick
(wir sind die Guten!)
4. schwarze Schafe in den eigenen Reihen übernehmen den Part der Bösen
(… Ja, das wissen wir, aber die gibt es ja schließlich überall und sind per Definition ja nur Einzeltäter. Damit wird davon abgelenkt, dass die gesamte Herde aus schwarzen Schafen besteht)
5. Die eigentlich Bösen aber sind die EU mit ihren dummen Vorschriften, die uns lediglich am Arbeiten hindern
(Die Zuschüsse der Gemeinschaft stecken wir uns aber stillschweigend und skrupellos in die Tasche – und rufen gleichzeitig lautstark: Wir wollen mehr!)
6. Last but not least: Sie legen NUR DIE SPUR zu einem Gedanken und einer Schlussfolge. Da Sie aber für Ihre falsche Fakten und Schlüsse keine Verantwortung übernehmen wollen, sprechen Sie diese nicht explizit aus, sondern überlassen das den Zuhörern.
Ein bekannter Vierzeiler in Anlehnung an das Gedicht “Angelfreuden” von Heinz Erhard zeigt, was ich damit meine:
Ein Fischer saß am Elbestrand
mit seiner Angel in der Hand
Er wollte fangen einen Barsch,
das Wasser stand ihm bis zum —
Knie – natürlich! Derjenige, der hier Arsch denkt und sagt, übernimmt die volle Verantwortung. SIE haben das ja nie gesagt!!

Beispiel: Insektensterben (im Vortrag bei 1h 29min)
Ja, Insektensterben gibt es (irgendwo), aber in MV steigt die Anzahl der Insektenarten. 11 neue Arten wurden entdeckt. (Wer das nicht weiß… oder sich auf die eigene Beobachtung verlässt, dass vor wenigen Jahren noch die Frontscheiben der Autos im Sommer ständig von toten Insekten befreit werden mussten, ist uninformiert, also dumm. Anderslautende wissenschaftliche Untersuchungen und Infos… Fake News… )
Unsere Spritzerei kann dem zu Folge überhaupt nicht zu einem Insektensterben beigetragen haben, im Gegenteil! Wir sind die Guten.
In Erinnerung an o.a. Gedicht: Der Arsch ist der Öko.
Oder ganz arrogant und kurz an anderer Stelle erzählen Sie sinngemäß: In meiner Jugend war ich (quasi pubertierend) auch mal bei den Naturschützern, ich kann die folglich verstehen, aber heute, als studierter Erwachsener, also …
Der Arsch ist wieder – man kommt kaum drauf, der Öko, egal ob NABU, BUND, Grüner, Umwelthilfe, Bundesumweltamt…

Das alles kann man ja noch als Taktik eines ausgewiesenen und gewieften Lobbyisten sehen.

Aber mein Verständnis für Sie und Ihre Ausführungen hört dort auf, wo Sie trotz besseren Wissens (das unterstelle ich hier mal einfach dem studierten Dr. Tanneberger) Ihren Bauern zurufen, dass sie genau so weiter machen sollen. Alle gesicherten Fakten werden ausgeblendet (Artensterben, Klimakatastrophe, Pandemie) – weiter so!!?
Sie lassen Ihre Bauern unverantwortlich in eine Sackgasse laufen, statt ihnen Hilfen anzubieten, wie sie da wieder raus kommen.

Sagen Sie ihren Bauern statt dessen:

1. Wir belasten mit unseren Spritzmitteln unsere Erde und das Wasser so stark, dass wir maßgeblich und unentschuldbar am Artensterben und der Klimakatastrophe beteiligt sind.

2. Deshalb: Lasst uns auf Ökolandbau umstellen. Besser jetzt und freiwillig als später gezwungen und mit wenig Handlungsspielraum. Nur wer blind ist (oder sein will) erkennt nicht die Richtung, in die es geht – und die übrigens auch die EU(!) vorgibt.
Die immer stärker anwachsende Zahl der BIO-Betriebe macht es uns vor: Direktvertrieb und Hofläden; selbst regionale Vermarktung in Supermärkten funktionieren. Immer mehr Menschen sind bereit mehr für gute Lebensmittel zu zahlen. Nur, das müssen biologisch nachhaltig erzeugte Lebensmittel sein! Ein Hofladen, der Fleisch, Gemüse, Obst oder Getreide zwar regional anbietet, aber umweltschädlich und damit menschenschädlich produziert, bietet für den Verbraucher keinerlei Mehrwert gegenüber den gleichen überregionalen Produkten, die billiger im Regal nebendran liegen.

3. Dafür müssen wir uns von BASF & Co abnabeln.

4. Wenn wir Bauern den Umstieg nicht bald schaffen, werden wir nur noch weiter in die soziale Isolation gedrängt, die wir jetzt schon beklagen.

5. Jeder, der umsteigen will, bekommt von mir und uns (dem Bauernverband) Beratung und Unterstützung bei diesem Prozess. Wir helfen bei der Beschaffung der EU-Zuschüsse für den Umstieg auf biologisch nachhaltige Produktion.

Es geht um die Rettung der Lebensbedingungen für die gesamte Menschheit. Mehr ist eigentlich nicht zu sagen.

MfG,
Christoph Thiery

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